Panoramafotografie fasziniert: Es ist durchaus reizvoll, den begrenzten Blickwinkel herkömmlicher Fotografien aufzubrechen, Landschaften in ihrer Weite oder Innenräume in ihrer Gänze wiederzugeben.
Bei “unkomplizierten” Motiven erreicht man auch recht schnell befriedigende Ergebnisse: Wenn der Vordergrund keine allzu klaren Strukturen aufweist, gelingen oft schon Freihand-Panos, auch halbwegs nivellierte Stativaufnahmen liefern brauchbares Rohmaterial, Querformat-Aufnahmen sind meist unkompliziert zusammenzusetzen.
Sobald es jedoch um mehrreihige Panoramen, Aufnahmen mit ausgeprägtem Vordergrund, Innenräume und dergleichen geht, kommt man schnell an Grenzen. Was dann?
Hardware:
Überschneidungen und Verzerrungen sind kaum in den Griff zu bekommen – es wird dann schnell frustrierend. Insbesondere der oft beschworene Nodalpunkt bereitet Kopfschmerzen. Entsprechende Adapter sind verfügbar – aber in der Regel recht teuer. Ein einigermaßen solider und gut beleumundeter wie der Pano-Maxx kostet schon knapp 160 Euro. Das will man nicht unbedingt berappen… Gut, dass das Internet einiges an Selbstbauvorschlägen zu bieten hat. Im einfachsten Falle werden Winkeleisen aus dem Baumarkt verbastelt, allerdings wirkt das Ergebnis – mag es auch funktional sein – wenig elegant.
Viele Bauvorschläge benutzen solider anmutende Alu-Systemprofile. Ich habe mich an einem einfachen, aber stabil wirkenden Bauvorschlag orientiert, einige Experimente unternommen und kleine Veränderungen angebracht.
Bemaßung und Lieferquellen sind zunächst 1:1 aus dem Bauvorschlag übernommen worden. Der Autor machte gleich von sich aus auf einige Schwachstellen aufmerksam, das war recht hilfreich. Im Folgenden die Erfahrungen und Veränderungen:
- Die vom Autor erwähnte Verdrehgefahr der senkrechten Säule lässt sich wirkungsvoll durch einen zweiten Winkel beheben (vgl. Foto).
- Die Feststellung des Auslegers mit handfest angezogener Flügelmutter ist so gut wie unmöglich, auch eine Reibscheibe aus Gummi oder Leder bringt fast nichts. Ist die Kamera auch nur etwas schwerer, neigt sich der Ausleger fast unausweichlich. Nach einigen Experimenten und Gedankenspielen fand ich die Lösung. (Schön, wenn man als Radfahrer ne gut gefüllte Wühlkiste mit Ersatzteilen aller Art hat…). Die ultimative Lösung ist ein Schnellspanner, am besten einen für das Vorderrad. Den kürzt man auf das benötigte Maß, versieht in mit einem neuen Gewinde – fertig. Das Gewinde hab ich mir in der Fahrradwerkstatt schneiden lassen, mein Baumarkt-Gewindeschneider scheiterte am doch recht harten Stahl der Achse. Mit dem Schnellspanner ist ein bombenfestes Arretieren des Auslegers ohne Weiteres möglich – die Lösung kann ohne Weiteres empfohlen werden.
- Ausleger und senkrechte Säule sind für meine Kamera überdimensioniert – wer also keine Flexibilität für mehrere Kameras benötigt, kann beide Profile entsprechend kürzen und den Adapter dadurch erheblich transportfreundlicher gestalten.
- Ein Ärgernis sind die Endkappen für die Profile – die sitzen viel zu locker und verschwinden dadurch schnell. Ich muss einen Satz nachbestellen und dann ankleben.
- Die vom Autor vorgeschlagenen Quenox-Schnellkuppelplatten sind an sich in Ordnung, aber in der Anwendung machen sie nicht die rechte Freude. Die horizontale Fixierschraube ist bei manchen Adapter- bzw. Kamerastellungen kaum zu erreichen, sie löst sich schnell und kann dadurch beim Transport verlorengehen.
- Hat man einen Kugelkopf bzw. Neiger mit Wechselplatte, ist der untere Quenox-Adapter überflüssig, in dem Falle sollte man lieber eine zusätzliche Wechselplatte für den Kopf / Neiger erwerben und den mit dem vom Autor beschriebenen Verfahren fest am Nodalpunktadapter montieren.
- Die Position der Kamera am Ausleger kann man experimentell ermitteln – oder aber diese nützliche Tabelle zu Hilfe nehmen. Die entsprechenden Einstellungen für in Frage kommende Brennweiten kann man dann einfach per Edding am Ausleger markieren, ggf. auch für Wechselkameras oder -objektive.
- Ein guter Kugelkopf bzw. Neiger mit Panoramateller ist eigentlich wirklich unabdingbar. Bei mir dreht sich ein Bilora Perfect-Pro 2258 – ein ziemlicher Trumm, aber wirklich sehr solide und gerade noch bezahlbar. Die Gradeinteilung des Panoramatellers ist grad bei mehrreihigen Panos unverzichtbar, und die verschiebbare Wechselplatte macht bei einreihigen Panos im Querformat den doch ziemlich sperrigen Nodalpunktadapter überflüssig.
- Sorgfalt beim Ausrichten von Stativ und Kamera in der Waagerechten macht sich bezahlt, eine Libelle oder Wasserwaage sollte zur Verfügung stehen. Ich behelfe mir mit einer Doppellibelle, die im Blitzschuh aufgesteckt werden kann – siehe Fotos.
- Ein Draht- bzw. Fernauslöser macht das Aufnehmen komfortabler.
- Wenn irgend möglich, sollte man bei der Aufnahme versuchen, allzu starke Helligkeitsunterschiede der einzelnen Aufnahmen zu vermeiden.
- Der Autofokus kann einem üble Steiche spielen, wenn er plötzlich auf klar erkennbarte Gegenstände im Vordergrund fokussiert – deshalb besser manuell einstellen.
- Bei mir hat es sich bewährt, die Überlappung der Einzelaufnahmen zwischen 1/3 und 1/4 zu halten, je nach Motiv und Brennweite dreh ich den Panoramateller um 15 bzw. 30 Grad.
Software
Hat man die Aufnahmen erfolgreich im Kasten, geht es an das Zusammenfügen (Stitchen) per Software.
Im Moment – und nach vielen Experimenten mit diversen Programmen – arbeite ich sehr gern mit Microsofts Image Composite Editor (ICE). Das kostenlose und sehr einfach zu bedienende Programm funktioniert ganz erstaunlich zuverlässig und hat eine Reihe überzeugender Funktionen – so ist die Erstellung mehrreihiger Panoramen kein Problem. Tipp: Bei nicht ganz präzise gemachten Aufnahmen und unklaren Überlappungen hilft es, bei mehrreihigen Panos (“structured panorama” die Variable “feature matching search radius” im Block Alignment auf 20, ggf. 30% (statt der voreingestellten 10%) zu setzen. Das erhöht zwar die Rechenzeit, aber da ICE offensichtlich sehr gut auf Multicore-CPUs optimiert ist, geht auch die Erstellung größerer Panoramen recht zügig vonstatten. Die einzige Funktion, die ich bei ICE vermisse, ist die Fähigkeit mit HDR-Aufnahmen umgehen zu können.
In diesem Fall muss man dann zum deutlich komplexeren Hugin greifen (zumindest, wenn man bei kostenloser Software bleiben möchte). Obwohl das Programm einen Assistenten und einige Automatismen anbietet, liegt seine Stärke in der manuellen Beeinflussbarkeit der Panoramen. Man muss sich aber darüber im Klaren sein, dass z.B. das händische Erstellen von Kontrollpunkten für die Überlappung schnell zu einer sehr aufwändigen Übung wird… Die Möglichkeiten, Objektivverzeichnung und Aufnahmefehler zu korrigieren, sind ebenfalls mächtig – aber aufwändig und erfordern Erfahrung. Die Tutorials auf der Homepage des Programms sind dabei hilfreich.
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